Ihr kennt das sicher: Es ist immer viel zu tun, die To-Do-Liste wird nur voller und nie leerer. Es gibt so viele tagesaktuelle Aufgaben – hier noch ein Facebook-Posting, spontan bräuchte es noch ein Factsheet über das neue Projekt und für das nächste Event sollte noch schnell ein Einladungsmail verschickt werden. Dabei bleiben oft wichtige, aber nicht so zeitkritische Dinge auf der Strecke.
Als ich vor zehn Jahren angefangen habe, im Nonprofit-Bereich zu arbeiten, hat mir das sehr zu schaffen gemacht. Der Berg an Aufgaben, der sich rational betrachtet nie in der vorhandenen Zeit ausgehen kann, hat mich manchmal fast zum Verzweifeln gebracht. Irgendwann muss es doch mal ein Ende der To-Do-Liste geben! Das Problem gibt es in verschiedenen Branchen. Ich habe aber doch die Erfahrung gemacht, dass es im Nonprofit-Sektor besonders stark verbreitet ist. Die Kombination aus (meist) begrenzten Ressourcen und der Verantwortung, gut begründen zu müssen, wie man sie einsetzt (Stichwort Spenden- oder Fördergelder), auf der anderen Seite aber einer gesellschaftlich wichtigen Mission, von der man überzeugt ist und möglichst viel bewegen will, macht es einem da nicht leicht. Auch im Kommunikationsbereich hab ich das Problem besonders stark beobachten können. Schließlich gibt es immer noch etwas mehr zu kommunizieren, etwas besser, schöner, interaktiver … Wenn man dann auch noch in beiden Bereichen gleichzeitig, also in der Nonprofit-Kommunikation arbeitet, potenziert sich das.
Vielleicht ist es nur mein subjektiver Leidensdruck, der zu diesem Eindruck führt – aber letztendlich ist das ja auch egal. Entscheidend ist: Wir machen alle diese Erfahrung und können uns gegenseitig unterstützen und Erfahrungen teilen, die uns vielleicht das Leben ein bisschen leichter machen. Ich fange hier mal an und teile ein paar von meinen Gedanken und Tipps – und ich freu mich, wenn auch ihr ein paar Erfahrungen und Ideen teilt. Ob in den Kommentaren oder per Mail ist dabei ganz egal.
Tipp 1: Don’t panic
Ich glaube, mein wichtigstes Learning war zu realisieren: Das ist ganz normal und kommt nicht daher, dass sich meine NPO als einzige Organisation zu viel auflädt oder mit mir irgendwas nicht stimmt. Ich habe viele Menschen aus verschiedenen Organisationen getroffen – alle hatten dasselbe Problem. Und trotzdem sah es von außen meistens so aus, als ob eh alles gut läuft. Also sag ich mir immer wieder selbst: Keine Panik. Ich tu mein Bestes und wenn der Newsletter mal wieder eine Woche zu spät verschickt wird oder diese Woche kein Facebook-Posting rausgeht, bin ich vermutlich die einzige, der das überhaupt auffällt. (Und ich mache trotzdem Feierabend! Sonst bin ich nämlich nach ein paar Tagen so gestresst oder erschöpft, dass ich erst recht nicht mehr produktiv bin.)
Tipp 2: Fokussierte Strategie finden
Eine Website und ein Newsletter sind Standardprogramm. Außerdem sollte man regelmäßig Briefe an die Spender*innen schicken oder Presseaussendungen machen. Und selbstverständlich muss man auch auf den relevanten Social-Media-Plattformen regelmäßig aktiv sein: Facebook, Instagram, Youtube, vielleicht Twitter. Und sollte man inzwischen nicht auch Tiktok bespielen?
Nein. Mal abgesehen davon, dass das für die meisten Organisationen nicht schaffbar ist, ist es meistens nicht einmal sinnvoll. Viel besser ist es, eine reduzierte Strategie zu fahren, die dafür wirklich machbar ist. Wenn die auf eure Ziele und Dialoggruppen fokussiert ist und gut umgesetzt wird, ist das meistens viel effektiver. Vielleicht heißt das für euch, dass ihr nur eine sehr einfache Website habt und eure Neuigkeiten eher über Facebook kommuniziert. Oder es dreht sich alles um euren Newsletter, mit dem ihr eure Unterstützer*innen ohne Streuverluste erreicht. Wenn ihr die Kernpunkte gefunden habt, ist Mut gefragt, die anderen Sachen auch wirklich wegzulassen. „Auf Facebook posten wir dann halt nur noch ab und zu“ kostet doch noch so einige Arbeitsstunden pro Monat. Also lieber vorher gut prüfen, was wirklich nötig ist, und alles andere radikal wegstreichen. (Natürlich ist nicht jede*r in der Situation, selbst die Strategie festlegen zu können. Aber oft hat man ja die Möglichkeit, zumindest im kleinen Rahmen der eigenen Aufgaben etwas zu verändern oder mit den Vorgesetzten oder Teamkolleg*innen anzusprechen, dass vielleicht eine Strategieanpassung sinnvoll wäre.)
Tipp 3: Oft sind 80 % genug
Bei diesem Punkt habe ich als Perfektionistin noch am meisten zu lernen. Was muss richtig gut werden und was muss nur gemacht sein? Selbstverständlich wäre es toll, jedes einzelne Facebook-Posting total kreativ zu formulieren, jeden Newsletter zu einem textlichen Meisterwerk zu machen und der kurzfristig anfragenden Kollegin eine perfekt gelayoutete Event-Einladung zu erstellen. Unter manchen Umständen kann ich das aber einfach nicht leisten – denn schließlich brauche ich noch die Zeit, die wirklich entscheidenden Dinge mit 100 % Einsatz zu machen. Ihr kennt sicher die 80-20-Regel, die besagt, dass die ersten 80 % einer Aufgabe nur 20 % der Zeit kosten, aber um etwas wirklich perfekt zu Ende zu bringen, 80 % der Zeit und Energie draufgehen. Da ist es wichtig, gezielt wenige Aufgaben zu identifizieren, bei denen die 100 % nötig sind und die anderen bei 80 % zu lassen. Ich folge da gern dem Motto „eat that frog first“ und mache die Dingen zuerst, bei denen es mir wirklich auf Qualität ankommt – dann bleibt für die anderen automatisch nur noch eine begrenzte Zeit und ich kann mich nicht mehr in unnötigen Details verlieren. Denn wenn ich eine fokussierte Strategie gefunden habe, muss ich sie auch konsequent in die Tat umsetzen – und manchmal geht das angesichts der vielen kleinen Aufgaben, die zwischendurch noch reinkommen, eben nur so.
Tipp 4: Gut organisiert sein
Wenn ich mal wieder vor einem riesigen Berg an To Dos stehe mit dem Gefühl „Das kann sich in der Zeit, die ich habe, nie alles ausgehen!“ – dann setze ich mich erstmal eine halbe Stunde hin und organisiere mich. Das klingt paradox, ist für mich aber absolut alternativlos. Denn am fokussiertesten kann ich arbeiten, wenn ich den Überblick über meine Aufgaben habe, konkrete Ziele setze und frühzeitig abschätzen kann, wenn sich etwas nicht rechtzeitig ausgeht. Dabei helfen mir zum Beispiel ein gutes Aufgabenmanagement-Tool, die Unterscheidung in wichtige und dringende Aufgaben und konkrete Ziele (zum Beispiel nach dem SMART-Prinzip) – aber auch, dass ich in stressigen Zeiten möglichst oft mein E-Mail-Programm geschlossen halte und mir nur zweimal am Tag Zeit nehme, die wichtigsten Mails zu beantworten.
Tipp 5: Sich das Leben leichter machen
Oft werkle ich so beschäftigt vor mich hin, dass ich gar nicht merke, wie ich schon zum zehnten Mal ein neues Layout für ein Social-Media-Posting erstelle, unnötig viel Zeit für jede Newsletter-Erstellung verwende oder zum hundersten Mal Fotos zum Thema „Inklusion“ suche. Manchmal wäre es die Stunde wert, die ich dafür bräuchte, eine sinnvolle Posting-Vorlage zu erstellen, das Newsletter-Template zu verbessern oder einen Ressourcen-Ordner mit Fotos und Textbausteinen anzulegen, weil ich mir dadurch später regelmäßig Zeit und Nerv spare.
So. Das wars erstmal. Vielleicht gibt’s zu dem einen oder anderen Punkt, den ich hier angesprochen habe, irgendwann noch einen genaueren Blogartikel. Das wäre zumindest eigentlich mein Plan gewesen. Als dann aber die Zeit länger wurde, in der dieser Blogartikel nicht veröffentlicht wurde, weil es die Detailartikel noch nicht gab, habe ich beschlossen, Tipp 1 zu beherzigen und ihn trotzdem zu posten. Schließlich wisst ihr ja eigentlich gar nicht, dass noch Detailartikel geplant gewesen wären. (Huch, jetzt schon. Aber dafür habe ich gleich ein gutes Praxisbeispiel und eine Veranschaulichung, wie ich noch täglich mit diesem Thema ringe.)
Bestimmt nutzt ihr einige dieser Strategien schon lange – vielleicht gab’s aber doch die ein oder andere Inspiration oder ihr wurdet zumindest wieder neu an etwas erinnert, was ihr euch schon lange vorgenommen habt. Aaaber bestimmt habt ihr noch mehr Tipps, Erfahrungen, Strategien oder Anmerkungen und ich (und sicher viele andere auch) würde mich freuen, sie zu lesen und mir von euch das eine oder andere abschauen zu können! Lasst doch gern einen Kommentar da, was für euch funktioniert oder nicht funktioniert und wie ihr mit der nicht enden wollenden To-Do-Liste umgeht. Oder zu welchem Punkt ihr gern noch mehr wissen würdet – damit ich vielleicht irgendwann meine Detailartikel noch schreibe.